Für Online erstellte Energieausweise zählt nicht nur die Einfachheit, sondern auch die Haftungssicherheit
Die digitale Welt hat viele Prozesse vereinfacht und beschleunigt – auch die Erstellung von Energieausweisen ist mittlerweile bequem von zu Hause aus möglich. Doch hinter der verlockenden Kostenersparnis können sich erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken verbergen. Dieser Bericht beleuchtet umfassend die Vor- und Nachteile der Online-Erstellung von Energieausweisen und gibt praktische Handlungsempfehlungen, um teure Fehler zu vermeiden.
Die Grundlagen des Energieausweises
Der Energieausweis ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Dokument, das die Energieeffizienz eines Gebäudes bewertet und potentiellen Käufern oder Mietern Auskunft über den Energieverbrauch gibt. Seit 2009 besteht in Deutschland die Pflicht, bei Vermietung, Verkauf oder Sanierung eines Gebäudes einen gültigen Energieausweis vorzulegen. Ohne dieses Dokument drohen empfindliche Bußgelder^13. Der Ausweis teilt Immobilien in Effizienzklassen von A+ bis H ein und stellt diese auf einer Farbskala von Grün bis Rot dar. Diese visuelle Darstellung ermöglicht es, den Energieverbrauch verschiedener Immobilien deutschlandweit miteinander zu vergleichen und energetische Schwachstellen zu identifizieren.
Im deutschen Immobilienmarkt existieren zwei Arten von Energieausweisen: der Verbrauchsausweis und der Bedarfsausweis. Der Verbrauchsausweis basiert auf den tatsächlichen Energieverbrauchsdaten der letzten drei Jahre und ist daher stark vom individuellen Heizverhalten der Bewohner abhängig. Der Bedarfsausweis hingegen analysiert die bauphysikalischen Eigenschaften des Gebäudes und seiner Anlagentechnik, unabhängig vom Nutzungsverhalten der Bewohner. Dieser liefert genauere und objektivere Werte, ist jedoch in der Erstellung aufwendiger und teurer^10.
Online-Erstellung: Der verlockende Kostenaspekt
Die digitale Erstellung eines Energieausweises verspricht erhebliche Kostenvorteile. Während ein vor Ort erstellter Energieausweis zwischen 250 und 400 Euro kosten kann, sind online erstellte Verbrauchsausweise bereits ab 59,95 Euro und Bedarfsausweise ab 109,95 Euro erhältlich^9. Dies entspricht einer Ersparnis von bis zu 300 Euro. Anbieter wie energieausweis.de, GREENOX oder energyausweis.de konkurrieren mit attraktiven Preisen und schnellem Service, wobei die Dokumente oft innerhalb von 24 bis 72 Stunden fertiggestellt werden^8.
Die Zeitersparnis stellt einen weiteren wesentlichen Vorteil dar. Bei der Online-Erstellung entfällt die Notwendigkeit, Termine mit Energieberatern zu vereinbaren und auf diese zu warten. Stattdessen füllt man ein Formular im Internet aus, übermittelt die erforderlichen Daten und erhält den fertigen Energieausweis per E-Mail oder Post. Dieses Verfahren ist besonders für Menschen attraktiv, die unter Zeitdruck stehen, etwa wenn sie kurzfristig eine Immobilie inserieren oder vermieten möchten^8.
Versteckte Risiken und rechtliche Fallstricke
Die scheinbare Einfachheit der Online-Erstellung birgt jedoch erhebliche Risiken. Eine der größten Gefahren besteht darin, dass bei vielen Online-Diensten die eingegebenen Daten ungeprüft übernommen werden. Dies kann zu rechtlichen Problemen führen, denn der Gesetzgeber sieht ausdrücklich vor, dass eine Plausibilitätsprüfung erfolgen muss. Aussteller dürfen Daten, an deren Richtigkeit sie zweifeln, nicht zur Erstellung eines Energieausweises verwenden^6.
Ralf Gründling, Geschäftsführer des Anbieters Energieausweis-Vorschau.de, warnt ausdrücklich vor unseriösen und ungeprüften Angeboten: „Online kursieren inzwischen viele Angebote, bei denen die Werte der Kunden ungeprüft übernommen werden. Mit einem Klick kann der Energieausweis quasi erstellt werden. Ob Sie da völligen Blödsinn eintragen oder nicht, der Ausweis wird erstellt. Daraus können sich rechtliche Probleme ergeben.“^6 Diese Problematik betrifft besonders den Bedarfsausweis, der aufgrund der komplexen Datenerhebung von Laien kaum korrekt selbst erstellt werden kann^4.
Die Haftungsfrage bei fehlerhaften Energieausweisen ist nicht eindeutig geklärt. Wenn falsche Werte übermittelt wurden, liegt die Fehlerquelle zunächst beim Nutzer. Allerdings trägt auch der Aussteller die Verantwortung zu überprüfen, dass die Eingaben plausibel sind^6. Für Immobilienmakler können bei falschen Angaben im Energieausweis wettbewerbsrechtliche Schwierigkeiten entstehen, da das Angebot mit vorteilhafteren, aber unrichtigen Daten andere Angebote benachteiligen könnte. Käufer und Verkäufer könnten sich getäuscht fühlen und daraus Forderungen ableiten^6.
Die Manipulationsgefahr bei Verbrauchsausweisen
Ein besonderes Problem stellen Verbrauchsausweise dar, die aufgrund ihrer Abhängigkeit vom tatsächlichen Energieverbrauch leicht manipulierbar sind. Im Winter 2022/2023 haben viele Menschen aufgrund der Energiekrise ihren Heizverbrauch reduziert. Ein Reddit-Nutzer berichtete, dass er durch dieses veränderte Heizverhalten ohne bauliche Maßnahmen eine bessere Energieklasse erreichen könnte^14. Dieser Fall verdeutlicht, dass ein gewiefter Vermieter theoretisch eine Wohnung drei Jahre lang wenig oder gar nicht beheizen und anschließend einen günstigen Verbrauchsausweis beantragen könnte, der dann zehn Jahre gültig wäre. Mit diesem Dokument könnte er Mieter für höhere Mieten anlocken, obwohl keine energetischen Verbesserungen am Gebäude vorgenommen wurden^14.
Diese Problematik unterstreicht die begrenzte Aussagekraft von Verbrauchsausweisen. Der Energieberater IrrerArchitekt schreibt auf Reddit: „Wenn Energiebrauchusweis vorliegt, wird dieser stark durch das Heizverhalten der vorherigen Mieter geprägt. Zum Beispiel könnte ein Rentner, der ständig bei 25 Grad zu Hause ist, ganz andere Werte liefern als ein berufstätiger Single, der selten heizt und die Wochenenden bei seiner Freundin verbringt. Daher hat dieser Ausweis nur begrenzte Aussagekraft.“^1

Rechtsgültigkeit und gesetzliche Anforderungen
Trotz der genannten Risiken sind online erstellte Energieausweise grundsätzlich rechtsgültig, sofern sie von einer qualifizierten Instanz ausgestellt wurden und alle gesetzlichen Kriterien erfüllen^10. Die Gültigkeit beträgt in der Regel zehn Jahre. Es ist jedoch entscheidend, dass der Aussteller in der Experten-Datenbank der Deutschen Energie-Agentur (DENA) geführt wird oder als Effizienzhaus-Experte zertifiziert ist^4.
Die gesetzlichen Vorgaben sind im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert, das die frühere Energieeinsparverordnung (EnEV) ersetzt hat. Das GEG regelt in Teil 8, wer zur Ausstellung von Energieausweisen berechtigt ist und welche Gebäude davon betroffen sind. Für Neubauten sowie für ältere Gebäude, die nicht die Wärmeschutzverordnung von 1977 erfüllen, ist ein Bedarfsausweis vorgeschrieben^4. Bei Gebäuden mit mehr als vier Wohneinheiten kann in der Regel ein Verbrauchsausweis erstellt werden^14.
Die richtige Vorgehensweise für eine sichere Online-Erstellung
Um die Risiken bei der Online-Erstellung eines Energieausweises zu minimieren, sollten Immobilienbesitzer einige wichtige Schritte beachten. Zunächst ist es entscheidend, einen seriösen Anbieter auszuwählen. Dies kann durch die Überprüfung der Zertifizierungen und Bewertungen des Anbieters erfolgen. Portale mit TÜV-Prüfsiegel, Trusted-Shops-Zertifikat oder einer nachweisbaren Anzahl positiver Kundenbewertungen bieten eine gewisse Sicherheit^5.
Bei der Auswahl des richtigen Energieausweistyps sollte man beachten, dass für Gebäude, die vor 1977 erbaut wurden und nicht energetisch saniert sind, ein Bedarfsausweis erforderlich ist. Ein solcher Bedarfsausweis sollte nicht online erstellt werden, da die Datenerhebung für Laien zu komplex ist und bauspezifische Details eine große Rolle spielen^4. Seriöse Anbieter verzichten in der Regel auf ein solches Angebot für Bedarfsausweise ohne fachkundige Begleitung.
Die korrekte und vollständige Eingabe aller erforderlichen Daten ist von zentraler Bedeutung. Hierbei sollten keine Angaben geschätzt oder ausgelassen werden, da dies zu fehlerhaften Ergebnissen führen kann. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, einen Fachmann zu konsultieren^4. Vertrauenswürdige Online-Anbieter führen eine Plausibilitätsprüfung durch und kontaktieren den Kunden bei auffälligen Werten. Ein reiner Online-Mechanismus ohne menschliche Überprüfung kann Fehler nicht zuverlässig aufdecken^6.
Nach der Erstellung sollte der Energieausweis sorgfältig auf Fehler oder Unstimmigkeiten geprüft werden, bevor er verwendet wird. Bei Zweifel an der Richtigkeit der Angaben sollte man nicht zögern, einen Experten hinzuzuziehen. Für besondere Zwecke wie staatliche Förderungen (BAFA/KfW) wird in der Regel ohnehin ein vom Staat anerkannter Energieberater benötigt, der einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellt^11.
Kostenvergleich und die Frage der Qualität
Die Kostenunterschiede zwischen verschiedenen Anbietern sind beträchtlich. Online-Verbrauchsausweise werden bereits ab 59,95 Euro angeboten, während die Preise für Online-Bedarfsausweise bei etwa 109,95 bis 119,95 Euro liegen^9. Die vor-Ort-Erstellung durch einen Energieberater kostet hingegen zwischen 250 und 400 Euro^9. Diese erhebliche Preisdifferenz wirft die Frage auf, ob günstigere Angebote zwangsläufig von geringerer Qualität sind.
Die Qualität eines Energieausweises hängt maßgeblich von der Genauigkeit der eingegebenen Daten und der Sorgfalt bei deren Überprüfung ab. Daher kann ein günstiger, aber ungeprüfter Online-Energieausweis letztlich teurer werden, wenn rechtliche Probleme oder Haftungsfragen entstehen. Andererseits bedeutet ein höherer Preis nicht automatisch bessere Qualität. Entscheidend ist, dass der Anbieter eine Plausibilitätsprüfung durchführt und bei Bedarf Rückfragen stellt^6.
Bei der Wahl eines Online-Anbieters sollte nicht nur auf den Preis geschaut werden. Auch Online-Angebote sollten Modernisierungsempfehlungen enthalten, mit denen die Energieeffizienz des Gebäudes verbessert werden kann. Hierfür sind ausgewiesene Fachkenntnisse und eine umfangreiche Datengrundlage erforderlich^4.
Besondere Situationen und Anforderungen
In bestimmten Situationen ist die Online-Erstellung eines Energieausweises nicht zu empfehlen oder sogar unmöglich. Bei der Beantragung von staatlichen Förderungen für energetische Sanierungen wird in der Regel ein anerkannter Energieberater benötigt, der einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellt. Dies kann nicht durch einen einfachen Online-Energieausweis ersetzt werden^11.
Nach einer Sanierung oder energetischen Modernisierung muss in der Regel ein neuer Energieausweis erstellt werden, um die verbesserte Energieeffizienz des Gebäudes zu dokumentieren^11. Auch hier ist es ratsam, einen Fachmann zu konsultieren, insbesondere wenn die Maßnahmen gefördert wurden und nachgewiesen werden müssen.
Bei Vermietungen kann es problematisch sein, einen Verbrauchsausweis zu erstellen, wenn nicht alle erforderlichen Daten für das gesamte Gebäude vorliegen, insbesondere aufgrund von Mieterwechseln. In solchen Fällen ist die Erstellung eines Verbrauchsausweises nur möglich, wenn die notwendigen Verbrauchsdaten verfügbar sind. Andernfalls wird in der Regel ein Bedarfsausweis erstellt^10.
Fazit: Abwägung von Kosten und Risiken
Die Online-Erstellung eines Energieausweises bietet unbestreitbare Vorteile: Sie ist kostengünstig, schnell und bequem. Für Standardfälle und insbesondere für Verbrauchsausweise bei neueren Gebäuden kann dies eine praktikable Option sein. Allerdings sollten sich Immobilienbesitzer der Risiken bewusst sein, die mit ungeprüften oder fehlerhaften Energieausweisen verbunden sind.
Die Entscheidung für oder gegen einen online erstellten Energieausweis sollte daher wohlüberlegt sein und von der spezifischen Situation abhängen. Bei komplexeren Gebäuden, älteren Immobilien oder wenn es um hohe finanzielle Interessen geht, ist die Investition in einen qualitativ hochwertigen, vor Ort erstellten Energieausweis möglicherweise die sicherere und langfristig günstigere Option. Andernfalls sollte man zumindest einen seriösen Online-Anbieter wählen, der eine Plausibilitätsprüfung durchführt und bei Bedarf fachkundige Unterstützung bietet^6.
Letztendlich gilt: Ein korrekter Energieausweis dient nicht nur der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben, sondern bietet auch wertvolle Informationen zur Energieeffizienz eines Gebäudes und zu möglichen Verbesserungsmaßnahmen. Diese Transparenz kommt sowohl Eigentümern als auch Mietern oder Käufern zugute und trägt zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im Gebäudesektor bei.
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